Trummer & Gäste - Ir Brandig - Gespräche über Musik & Menschsein

#12 Hendrix Ackle: "Man nimm sich halt einfach mit und mit" - Ein Gespräch

Trummer

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Als ich Anfang 20 meine ersten Aufnahmen vorbereitete, war Hendrix Ackle für mich der Schweizer "Tastengott". Ich kannte seine Aufnahmen mit Cyrano und Hendrix Cousins, und ich hörte Geschichten über ihn mit ähnlicher Faszination, wie wenn mir jemand von einem Treffen mit Emmylou Harris erzählt hätte. Entsprechend aufgeregt war ich, als mein damaliger Produzent Reto Burrell ihn gebucht hat für mein erstes Album. An einem Februarmorgen im Jahr 2003 habe ich ihn in Basel am Bahnhof abgeholt und das war der Anfang einer anhaltenden Freundschaft, die immer wieder auch gemeinsam gemachte Musik brachte, sei es als er mich als unbekannten Jungspund zusammen mit ungefähr der Hälfte der Schweizer Musikszene zu einer Carte Blanche in Wetzikon einlud, oder als Gast seines Song Circles in Baden mit Adi Stern. Auch ich habe ihn immer wieder eingeladen, von den englischen Alben über "Fürne Königin" bis zu all meinen Talk-Anlässen, die ich über die Jahre als Gastgeber begleiten durfte.

Ein Highlight unserer Freundschaft abseits der Bühne war eine zufällige Begegnung auf dem Fussgängerstreifen am untersten Winkel der zweitkleinsten kanarischen Insel - und anschliessend viele geteilte Ferienstunden dort.

Viele Leute kennen Hendrix als langjährigen Mitmusiker von Philipp Fankhauser, Duettpartner von Sina und gefragten Sideman bei vielen Bandprojekten. Aber wer es nicht gehört hat: Sein 2013 erschienenes Album "Logbook" ist eine der schönsten Schweizer Platten überhaupt. 

Wir haben uns im Dezember 24 bei mir im Musikraum getroffen, für Hendrix zwischen zwei Gigs im Emmental und deshalb mit etwas knapper Zeit, und in den Themen, die diesen Podcast immer prägen, war das gewichtigste hier der Blick zurück, auch anhand unseres geteilten Songs "Junge Tubel". Dabei haben wir festgestellt, dass wir sehr verschiedene Arten haben, unser bisheriges Leben zu reflektieren und uns darin zu verorten. 

Ab und zu erwähnt Hendrix seine Tochter "Etta", somit wisst ihr nun auch schon, wer das dann jeweils ist. 

Wir haben gesprochen über: 

Über die "Seerose" und andere Beizen, in denen er gearbeitet und auch gelebt hat, und warum das sein Wesen geprägt hat. 

Über die Unbrauchbarkeit des Konzeptes "Work-Life-Balance",  sowohl in der Musikarbeit wie in der Gastro.

Über Baden als Ort seiner Kindheit und Jugend, als Ort, wo die Milieus noch einigermassen durchmischt waren. Als das gallische Dorf im römischen Aargau.

Über seinen Blick auf seine Biografie mit seinem "schlechten Gedächtnis".

Über die Frage, ob und wie man etwas lernen kann aus vergangenen Erfahrungen.

Darüber, was einen weiterentwickelt, über die Vaterschaft.

Über die Rolle, die das Weltgeschehen im Alltag spielt.

Über das Unbehagen als Väter, die den aktuellen Entwicklungen politischer Mentalität zusehen. 

Darüber, wofür man auch sein Leben auf's Spiel setzen würde. 

Über die meist nur indirekte Betroffenheit der Schweiz bei internationalen Krisen. 

Über die Herausforderung, sich zwar als Alliierter des gesellschaftlichen Fortschritts zu fühlen, aber auch überfordert zu sein davon manchmal.